4 Wochen Meditation – Ein Selbstversuch

Erstmal das großartigste vorweg: Ich habe mein YTT (Yoga Teacher Training) bestanden und darf mich nun zertifizierter Yoga Teacher nennen! Aber das habt ihr wahrscheinlich durch meine Social Media Posts schon alle mitbekommen. Ich musste es einfach in die Welt hinaus schreien und ich grinse immer noch.

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Ich bin ein Yoga Teacher

Bei dem 4-wöchigen Kurs ging es auch viel um Meditation. So wurde in den Yoga Stunden, in den Theorie Stunden und auch vor den Tests meditiert, vor allem zu Beginn der jeweiligen Stunden. Ausserdem hatten wir zusätzlich am Morgen um 7:15 – 8:15 Uhr eine Stunde Vipassana Meditation. Ich habe  schon mal beschrieben, das Meditation für mich wirklich schwer ist (könnt ihr gerne hier lesen).

Für diese morgendliche Meditation durften wir uns immer in der „Buddha Hall“ von Samma Karuna einfinden: Eine wunderschöne offene Halle, mit Blick aufs Meer, umgeben von Palmen, Ventilatoren an den Dachstreben und einem Dach aus kunstvoll gelegten Bananenblättern. Die Vögel zwitschern, dass Meer rauscht und Grillen zirpen. Soviel zu unserer traumhaften Kulisse für dieses Experiment.

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Traumhafte Kulisse
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Der Namensgeber

In der Buddha Hall konnten wir es uns also bequem machen. Mit unzähligen Matten und Kissen sowie alternativ kleinen Holzbänken, auf denen die Studenten knien können. Die wohl am häufigsten benutzte Meditationsposition ist mit übereinander geschlagenen Beinen (im Schneidersitz) auf einer kleinen Erhöhung zu sitzen, der Rücken muss dabei unbedingt gerade sein.

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Heimtückisch aufgenommenes Bild beim meditieren

Hört sich erstmal machbar an.

Woche 1:

60 Minuten in solch einer Position sind einfach ungewohnt für den Körper. Schon nach kurzer Zeit beginnt die erste Rebellion: die Beine schlafen ein. Okay, kann ich noch ignorieren. Der Rücken tut weh, Schultern werden schwer und die Muskeln im Rücken krampfen. Immer daran denken, dass sind nur „Sensations“, nichts worauf ich reagieren muss…
Leichter gesagt, als getan. Plötzlich kann man nicht mal mehr fühlen, ob der Kopf gerade ist oder nicht doch nach hinten gekippt, auch ob der Rücken gerade ist, ist schwer zu beurteilen. Der Körper sendet alle möglichen Signale aus, um mich aus dieser Haltung rauszulocken… Und natürlich nimmt mein Gehirn, dieses undisziplinierte Stück, alle diese Reize dankbar an. Nur um sich auf etwas anders konzentriert zu können. Etwas spannenderes als den Atem. Verräter!!! Aber hilft ja nichts. Augen zu lassen und durch.

Woche 2:

Meine Sitzhaltung wird besser.
Und ich kenne mittlerweile alle Fliegen beim Vornamen. Ich meditiere mit offenen Haaren – als Schutz – und mit Tüchern umwickelt, trotzdem finden diese Geschöpfe noch immer nackte Haut, auf der sie mit ihren kitzeligen Füßen herum krabbeln können. An einem Tag ist mir eine Träne aus dem Auge gekullert (auch nur, weil eine Fliege an meinem Augenlied rumgekitzelt hat). Das war mein Untergang! Eine einzige Träne. Ein Festmahl für die kleinen Quälgeister…
Aber was mir noch mehr zu schaffen macht, als die Fliegen, sind die Ameisen…!!! Aufgewirbelt von den Ventilatoren, werden diese kleinen Mistviecher direkt von der Blätterdecke auf meinen Körper katapultiert, nicht selten direkt auf meinen Kopf. Und bei allem Bemühen und Willensstärke: Ich kann es einfach nicht aushalten, wenn diese Viecher unermüdlich auf meiner Kopfhaut oder in Richtung Augen, Nase oder Ohren krabbeln.

Woche 3:

Ich sitze nicht mehr direkt unter dem Ventilator, meine Kitzelreize werden geringer und ich kann Insekten auf Armen und Beinen weitestgehend erfolgreich ignorieren. Nun heisst es, sich ohne Ausreden auf den Atem zu konzentrieren. Ohne immer gleich mit jedem Gedanken der kommt, wild agierten zu wollen. Ein scheinbar unmögliches Unterfangen. Statt sich einfach mal entspannt zurück zu lehnen, kommt mein Verstand auf die verrücktesten Ideen und Gedanken. Ich bin einfach schon glücklich, wenn ich meine Interaktion bemerke und meinen Fokus zurück zum Atem lenken kann.
Ich hasse Ameisen noch immer. Aus tiefstem Herzen.

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Just Breathe – ganz einfach?!

Woche 4:

Mein Körper ist müde und mein Verstand, mein Geist, mein Gehirn – nennen wir es, wie wir wollen – nutzt diese Schwäche gnadenlos aus. In Woche drei habe ich noch gedacht, dass ich besser werde. Woche vier verlangt allerdings wieder alles von mir ab. Sitzen verursacht wieder Schmerzen und schon ein einfaches Kinderweinen schwillt in meinem Kopf an, wie eine Sirene. Und waren diese Grillen schon immer so penetrant?
Gerade die ersten Tage dieser Woche waren hart, da ich meine stille Meditation für mich selber gemacht habe und zusätzlich mit dem Yoga Kurs noch aktive Meditation durchnehmen musste. Aber ich bin auch hier durch gekommen. Am Ende der Woche lief es dann fast wieder rund.

Fazit:

Mein Gehirn hat keinerlei Disziplin und macht was es will. Kein anderer Teil in meinem Körper hat solch ein Eigenleben. (Nun ja, fast keiner.) Ich finde es gleichzeitig erschreckend und auch faszinierend, dass ich nicht die Summe meiner Gedanken bin. Und ich möchte gerne selber bestimmen können, bewusst und mit voller Entscheidungskraft, woran ich denke und worüber ich nachgrübeln möchte.
Das ist mein Ziel.
Darauf werde ich weiter hinarbeiten.

Jeden Tag 20 Minuten.
Stück für Stück.
Herr meiner Sinne und Gedanken.

Wow, wieso nicht gleich die Weltherrschaft.

Auf in den Kampf.

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1 Comment

  1. Tanja says: Antworten

    Genauso und nicht anders hat es jeder von uns im Kurs empfunden. Meditation ist echte Knochenarbeit. Unser Gehirn versucht uns mit allen Mitteln auszutricksen, nicht nur während der Meditation sondern auch im wirklichen Leben…….
    Du hast den Nagel auf den Kopf getroffen, Sina!

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