Basilikumgefühle

Heute bin ich wirklich wirr. Ich komme gerade von der Farm, auf der ich ja noch immer arbeite. Ich war heute circa fünf Stunden da und die ganze Zeit damit beschäftigt Basilikum zu ernten. Das ist eine Fleißarbeit, wie man immer so schön sagt. Mit „Fleißarbeiten“ sind ja eigentlich nur die Dinge gemeint, die man auch ohne viel nachdenken mit relativ großem Zeitaufwand tun kann. Ich denke, solche Arbeiten gibt es genug auf meiner Farm.

Das wirklich erste Mal in meinem Leben arbeite ich, ohne viel nachzudenken. Das übernimmt in meinem Fall nämlich der Arne (mein Farmer), der sich mit den ganzen pflanztechnischen Dingen, die finanzielle Sicht und auch alles Andere beschäftigen darf. Ich mache demnach nur das, was er mir sagt. Und das Ganze natürlich mit ein wenig logischem Menschenverstand. Den kann ich nämlich nicht ausschalten. Egal wie sehr ich mich bemühe.Generell ist das eine sehr gute Erfahrung für mich. Sonst neige ich ja eher dazu, bei allen Aufgaben lauthals hier zu schreien und habe mich mit meiner generellen Übermotivation schon das ein oder andere Mal in eine echte Misere gebracht. Mein Kopf will einfach für jedes aufkommende Problem, auch wenn es nicht meines ist, eine Lösung entwickeln und stürzt sich brüllend auf all diese Herausforderungen. Das Schöne hierbei ist, es kommt niemals zu einem Ende, denn gerade Leuten, denen du mit einem Problem geholfen hast, die wissen, dass sie beim nächsten Problem einfach wieder zu dir kommen können… Auch auf der Arbeit war das immer so. Wenn Kollegen ihr Arbeitspensum nicht geschafft haben, habe ich mich ja förmlich aufgedrängt um zu helfen. Das habe ich nicht mal bewusst gemacht. Ich glaube da ist so ein verdammter Automatismus in meinem Kopf, ein Drang sich immer wieder zu beweisen. 

Zurück zum Basilikum. Kräuter schneiden ist eine Kunst für sich. Das hätte ich vorher nicht gedacht, aber jedes Kräuterlein hat seine eigene Art und Weise zu sein. Und jedes von ihnen bevorzugt eine andere Handhabung. Da ist die Minze, die wild um sich umherwuchernd einfach allen Platz einnimmt, der ihr geboten wird, oder den sie findet. Die Petersilie, die schwitzen gar nicht mag und für alle möglichen Insektenfamilien das Schlaraffenland zu sein scheint. Der Dill, der irgendwie macht was er will und nicht zu vergessen der Salbei, der sich seine Zeit lässt und sich auch mit Dünger keinen Druck machen lässt. Das war nur ein kleiner Einblick. Jedes Kraut
hat seinen Charakter.

Basilikum in Styrophorkisten soweit das Auge reicht

So mag das Basilikum seine Füße nicht gerne in Wasser haben und beim Schneiden muss ich aufpassen, dass ich ihm genügend Möglichkeit gebe, neue Triebe zu bekommen. Das war aber dann eigentlich auch schon alles, was ich beachten muss. Und nach unzähligen Bündeln, die ich schon geschnitten habe, geht das alles sehr automatisch.

Mein Kräuterschneide-Set

Ich durfte heute über 100 Bündel Basilikum schneiden. Das läuft ungefähr so ab: Ich schneide ca. 6-10 Stiele gezielt ab, dann bündeln, am Ende auf eine Länge schneiden und Gummiband drum, welches ich vorher schon mit neun von seinen Freunden um mein Handgelenk gewickelt habe. Das mache ich 10 Mal. Dann laufe ich mit meiner kleiner schwarzen Kiste voller zauberschön duftender, herrlich grüner Basilikummasse (vorbei an unzähligen Styroporkisten mit noch viel mehr Basilikum) zur „Sleevemaschine“.

Die Sleevemaschine

Das ist eine selbstgebastelte Konstruktion aus einem Brett und einem Stück Dachrinne. Hier kommen die kleinen Sträußchen in Hülsen, damit sie auch noch länger frisch bleiben und auch beim Transport die saftigen Blätter noch im Nachhinein so schön aussehen. Auch das funktioniert ganz einfach: Plastiksleeve aufkrempeln, über die Dachrinne stülpen, Hand durchstecken, Basilikum an den Stielen packen, durch die Dachrinne ziehen, Hülle richten und ab in die Transportkiste (ebenfalls eine Styroporkiste).

Basilikum rein und runterziehen
Tadaaaa: Ein Basilikumbündel

Das Ganze mache ich dann genau solange, bis ich meine Bündel zusammenhabe. Ein Vorgang, der sich inzwischen für meinen Körper automatisiert hat. Ich kann das also tun, ohne groß zu denken.

Und nun kommen wir auch zu dem Kasus Knacktus des Ganzen. Was soll mein Kopf die ganze Zeit machen? Ich habe unendlich viel Zeit, mich ausschweifend meiner Gedankenwelt hinzugeben, unabgelenkt von meinem Körper, denn der ist ja beschäftigt. Ob das immer so gut ist weiß ich nicht. Ich habe das Gefühl, ich werde wirr. Ich denke über Alles und Jeden nach und manchmal schüttele ich nur selber verwundert den Kopf, was da alles so rauskommt. Heute beispielsweise habe ich irgendwie die Melodie von Bob Marleys Lied „I shot the sheriff“ in meinem Kopf bekommen. Und ehe ich mich versah (und ich kann sowas beim besten Willen nicht kontrollieren), fing ich an mir mein eigenes Lied hinzureimen. Was dann ungefähr so ging:

„I cut the basil….. And I have to cut the mint as well….“  

Und dieses Lied, ging mir einfach partout nicht mehr aus meinem Kopf. Das ist doch kein Wunder das man da wirr wird, nach einer gewissen Zeit. Aber wie heißt es so schön: Der Unterschied zwischen Wahnsinn und Genie definiert sich lediglich aus dem Erfolg. Es gibt also noch Hoffnung.

Ich bewundere jedenfalls die Leute, die in der Lage sind Fließbandarbeit zu machen. Ihr habt meinen vollsten Respekt. Für mich wäre das nichts auf Dauer. Ich brauch was um meinen Kopf zu bändigen. Nicht auszudenken, was passiert, wenn ich den länger frei rumlaufen lasse.

PS: Ein Bündel Basilikum verkaufen wir übrigens für 1,50 $ weiter. Das sind gerade mal 99 Euro Cent!!!! Wenn ich darber nachdenke werde ich noch wirrer. Wir sollten 10 Dollar pro Bündel bekommen, bei all der Liebe, Zeit und Sorgfalt, die wir da reinstecken… Frechheit.
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