Die Suche nach dem richtigen Leben

Wo will ich hin? Wo soll ich bleiben?

„Sina, du musst dich langsam mal entscheiden was du willst und ein ernsthaftes Leben beginnen. Einen richtigen Job, du kannst doch nicht ewig nichts Richtiges machen.“

Solche Sätze können wohl nur von Eltern kommen und nein, um die zu hören, ist man wohl als Kind nie zu alt. Nach einem Telefonat mit meinen Eltern letzte Woche, indem meine Mums mir sagte wie sehr sie mich vermisse und mein Dad mir riet, langsam mal wieder ernst zu machen, geriet ich ins grübeln. Wiedermal.

Neun Monate bin ich jetzt hier. Für einige sicher „schon“ für andere „erst“. Ich habe viel erlebt. Dinge getan, die ich nicht für möglich gehalten hätte. Dinge über mich erfahren. Einige mag ich, andere nicht. Ich habe nicht das Gefühl, dass es sich hierbei nicht um das richtige Leben handelt. Es ist mein Leben. Und es ist mein Einziges. Klar, ich habe keinen Alltag, nicht viel Routine. Ich habe keinen Job, der meinem Bildungsstand angemessen zu sein scheint und ich habe keine Wohnung. Ist das die Definition für ein richtiges Leben? Ich habe einen riesengroßen Koffer und einen Rucksack voller Bücher. Ich kann bleiben wo ich will und gehen wann ich mag. Ich esse, schlafe und atme. Zugegeben, dass entspricht nicht dem, was ich mir noch vor ein paar Jahren unter richtigem Leben vorgestellt habe. Aber wer genau nimmt sich eigentlich heraus, das festzulegen? Für mich fühlt sich das hier nämlich ziemlich real an. Mit allen Sorgen und Nöten, Freuden und Gelassenheiten. 

Was genau mache ich denn sonst? Ist das alles nicht auch das richtige Leben? Gehört das nicht dazu? Ist es nicht wichtiger zu leben und das zu tun, was man will, als nicht glücklich zu sein? Und was genau bedeutet „Ernst des Lebens“? Gefangen zu sein in einem Kreislauf, der einen langsam auffrisst? Zu wissen, dass da so viel mehr ist, aber das man nicht mehr raus kann? Will ich das? Und was will ich überhaupt? Ich meine so richtig im Ernst und mit vollem Herzen. Was ist, wenn ich darauf keine Antwort geben kann? Muss ich das überhaupt?

„Richtiges Leben“ oder „Neue Ufer“?

Eine gute Freundin rät mir ständig, ich solle mein Jahr genießen. Einfach leben und sein lassen, ohne viel zu denken. Leider habe ich
die Gebrauchsanweisung dafür noch nicht gefunden. Ich bin ein Denker. Ich kann mich wahnsinnig machen und gerade wenn ich viel Zeit habe, dann umso mehr.

Mir ist bewusst, dass ich nicht ewig so weiter machen kann. Ich brauche Geld zum Leben und dazu gehört bekannterweise auch ein Job. Ich möchte auch gerne arbeiten. Ich sehne mich nach einem Job, der mich herausfordert, mir Neues bietet und gleichzeitig Spielraum für Kreativität lässt. Mein Kopf ist gelangweilt. Die Frage ist nur: Was? Wo? Wie? Und wer gibt einem die Chance das zu tun? Gerade hier in Australien ist es in meiner Branche sehr schwer an etwas zu kommen. Jede Bewerbung die unbeantwortet zurückbleibt, deprimiert mich ein wenig mehr. „Komm zurück nach Deutschland“, höre ich dann immer. Hmm. Natürlich ein Gedanke in meinem Kopf. Aber auch da liegen die Jobs nicht auf der Straße. Und will ich das? Will ich zurück? Bin ich dafür bereit? Und zurück wohin? Auch da steht ein Neuanfang bevor.

Ich bin 28. Ich bin 28 Jahre und habe keinen Masterplan. Ich weiß nicht, was mein Traumjob ist und ich habe keinerlei Ahnung wo ich mich in fünf Jahren sehe. Ist das schlimm? Ich weiß im Moment nicht einmal wo ich mich nächste Woche sehe. Ich kann nicht sagen, dass es mir damit schlecht geht. Eigentlich geht es mir damit recht gut. Aber dann erzählen einem die Menschen immer wieder, man solle doch mal ankommen. Ein richtiges Leben beginnen. Dabei fühlt sich dieses Leben, in dem ich gerade stecke, verdammt real an.
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2 Comment

  1. Anonym says: Antworten

    Mit einem "richtigen" Leben meinen viele Menschen insgeheim ein möglichst "sicheres" Leben, das so lange wie möglich dauert. So weit wie möglich vom Tod entfernt ist. Das Funktionieren in einer Gesellschaft, finanzielle Absicherung etc. ist ein Teil davon. Die Sterblichkeit so weit wie möglich von sich wegzuschieben kann aber dafür sorgen, dass man abstumpft und das Leben leer und taub wird. Man könnte sich die Frage stellen, ob das Leben nicht intensiver wird, wenn man weniger innere und äußere Absicherungen hat, wenn man näher an der Möglichkeit des Todes ist. Denn je näher man ihm kommt, desto mehr erkennt man den Gegensatz, dass man eben gerade nicht tot ist, sondern lebt. Dies verstärkt dann die Emotionen, die sich "lebendig" anfühlen.

  2. Anonym says: Antworten

    Jeder strebt nach Glück. Ich glaube man kann nur sein bestes geben dies zu erreichen, indem man entscheidungen trifft (gute wie schlechte). beruflich und privat sich wohlzufühlen, ist meist einfacher, wenn man festgestellt hat "wo ist mein"Hafen """?! Insbesondere falls mal ernste Probleme auftauchen. Du bist klug, ein echter "Denker ,hübsch, kreativ , die Menschen mögen dich oder lernen dich schnell als sehr sympathischen Menschen kennen, das gilt für jeden Ort auf der Welt.da du dich nun unter Druck gesetzt fühlst, solltest du ggf. 3 grundsätzliche Fragen aus dem bauch heraus mal nur zum Spaß""kurz und schmerzlos für dich beantworten :
    Frage 1: "hafen" in deutschland oder Australien ,Frage 2: neu; studium oder Ausbildung? frage 3: Beruf, der deine Stärken fordert und nahe an deine Vorstellungen kommt? Die Entscheidungen musst du selbst treffen, nur so gehts voran und werden neue Erkenntnisse gewonnen. Jedgliche entscheidung wird also eine gute sein.

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