„Das Gehirn ist der wichtigste Muskel beim Klettern.“
So sagte schon Wolfgang Güllich, einer der einflussreichsten und besten Sportkletterer. Was dieses Zitat allerdings wirklich bedeuten mag… wurde mir erst sehr viel später klar.
Damit meine Geschichte hier verständlich wird, muss ich etwas vorwegnehmen:
Ich bin ein Angsthase. Mein Kopf ist wie ein Magnet für Sorgen und daraus entstehen dann, in mühevollen Gedankenschleifen, Ängste. Dieses Verhalten habe ich schon, seit ich denken kann. Eine klitzekleine Winzigkeit kann sich, dank meines überragenden hyperaktiven Gemüts, zu einem unüberwindbaren Berg ausdehnen. Ängste und Sorgen blockieren mich und machen mich geradewegs handlungsunfähig. (Ich merke gerade, vielleicht sollte ich diesem Thema noch mal einen eigenen Eintrag widmen.) Nun kommt es aber, dass ich mich nicht gerne einschränken lasse. Nicht von anderen und schon gar nicht von mir selber. Also versuche ich mit gelernten Mitteln und Methoden meinen Sorgenberg abzuarbeiten und mich von Ängsten zu befreien. Klappt auch meistens.
Und hier geht die eigentliche Geschichte los…
Beim Klettern begegne ich eine ganz neue Art der Angst. Sie fängt ganz langsam an. Ich kann nicht einmal die Ursache genau benennen. Manchmal kommt sie schleichend, manchmal springt sie mich von hinten an. Mittlerweile habe ich sogar manchmal schon vorher ein ungutes Gefühl im Bauch.
… und alles nur, weil mich mein Kopf blockiert.
Ich leide an Sturzangst. Mein Gehirn ist unglaublich super darin, sich auszumalen, wie ich comicgleich die Wand hinunterstürze. Allen Gesetzen der Schwerkraft zum Trotz. Mögliche Verletzungen wabern wie Horrorgeschichten durch meinen Kopf. Dann geht der Atem schneller, die Finger beginnen zu klammern, die Füße zittern und die Beine wackeln nähmaschinengleich. Ich bin unfähig in der Situation gefangen, wie gelähmt. Ein Abbruch des Kletterversuches ist unausweichlich. Meine Wut auf mich selber scheinbar auch.
Sturztraining habe ich schon gemacht und es wird auch kurzfristig besser. Allerdings sind diese Erfolge verflogen, sobald ich mal wieder eine Woche pausiere. Es ist, als wenn ich wieder von vorne beginne. Und die Angst vor der Angst wächst…
Zeit etwas dagegen zu tun!
Wichtig ist: Ich kam über meinen Freund zum klettern. Aber ich klettere, weil ich klettern will. Ich will mich nicht von diesen Gefühlen beherrschen lassen. Ich möchte meine Angst besiegen und meinen falschen Ehrgeiz in gesunde Bahnen lenken. Das ist mein Antrieb dafür. Denn wenn ich mal genau drüber nachdenke, standen mir genau diese Dinge: Angst (oder Unwohlsein) und Ehrgeiz oftmals im Weg.
Mentales Training und positives Denken
Mittlerweile gehe ich regelmäßig bouldern. Klettern ohne Seil, in geringerer Höhe. Hier kann ich nicht nur meinen Körper trainieren, sondern auch meinen Kopf. Ich kann alleine an Problemen herumbouldern und muss mich nicht von Gruppendynamik oder ähnlichem stressen lassen. Ich bekomme immer mehr vertrauen in meine Fähigkeiten. Langsam aber sicher freunde ich mich mit Situationen an, die noch vor einigen Wochen bei mir komplette Panikattacken ausgelöst hätten.
Einige meiner Lösungswege:
- Ich nehme Ratschläge von meinem Partner an und auch Komplimente.
- Ich nehme mir mehr Zeit. Visualisiere die Route bevor ich sie klettere.
- Ich steige öfter in eine Route ein und gehe auch bewusst wieder raus. Einfach um mir den Respekt vor einer bestimmten Bewegung, eines Griffes oder einer Griffabfolge zu nehmen. Das Aussteigen bewirkt zudem, dass ich mir meinen eigens kreierten Erfolgsdruck nehme.
- Kleine Ziele setzen. Nicht der Top ist das Ziel, sondern der nächste Griff.
- Gedankenstopp – Durch Atemübungen den Kopf leer machen.
- Positive Gedanken- schon vor dem Klettern. Der Glaube an mich. „Ich klettere jetzt diese Tour.“ „Ich habe jetzt Spaß beim klettern“
- Loslassen und stürzen – Okay ich gebe zu, ein Punkt mit dem ich noch sehr hadere.
- Raus aus der Komfortzone. Schritt für Schritt werden unheimliche Dinge zur Normalität
- Konzentration vs. Angst: Die Aufmerksamkeit über Konzentration lenken und nicht von der Angst bestimmen lassen
- Hab Freude: An jedem Schritt
Ich habe noch eine weite Reise vor mir. Aber ich bin nicht alleine. Je öfter ich meine mentale Blockade ausspreche, desto öfter merke ich, dass viele Menschen in den unterschiedlichsten Lebenssituationen darunter leiden.
Als Yoga Teacher ermutige ich meine Schüler immer dazu, sich aus ihrem Wohlfühlbereich herauszuwagen, denn nur so kann es Fortschritt geben. Leider ist der Kopf recht bequem und wir nehmen in viel zu ernst. Er möchte in der Komfortzone bleiben und versucht – mit tatkräftiger Unterstützung des inneren Schweinehundes – dort zu bleiben.
Nun heißt es mutig sein und entschlossen der Angst gegenübertreten.
Total cool, dass du so klettermotiviert bist!
Hoffe wir sehen uns bald mal wieder, vielleicht ja im Green Climbers Home 🙂