Neues aus meinem Café: Arbeitsrecht auf Chinesisch

Ich arbeite nun ja schon seit ein paar Monaten in einem kleinen Café hier in Australien. Mein Chef ist Chinese und meine gesamten Kollegen ebenfalls fast alle. Wie ich schon letztes Mal beschrieben habe, führt das des Öfteren zu dem einen oder anderen Missverständnis.

Gerade in Bezug auf meine Anstellung gibt es da die eine oder andere Diskussion, die ich mit meinem Boss schon führen durfte. Ich fühle mich als Barista dort sehr wohl und komme auch mit meinem Chef gut klar, allerdings kann man sich ja trotzdem nicht alles gefallen lassen.

Ich arbeite dort mittlerweile als Vollzeitkraft. Pauschal gesehen bedeutet das, dass ich weniger Geld pro Stunde bekomme, als wenn er mich auf Stundenbasis bezahlen würde. Da ich aber deutlich mehr arbeiten kann, zahlt sich das am Ende für mich durchaus positiv aus. Außerdem bin ich im Falle von Krankheit abgesichert und bekomme auch einige Rechte zugesprochen, sowie beispielsweise Urlaub oder frei an Feiertagen. Eigentlich klar. Mehr als klar. So nicht für meinen chinesischen Chef…

Ich liebe Zahltag

Hier mal ein paar Beispiele:

Wir haben also einen Feiertag in Queensland. Das Café ist den Tag über geschlossen und ich kann nicht arbeiten. Gönnerhaft wendet Mark (mein Boss) sich also an mich: „Sina, da du ja einen Tag nicht arbeiten kannst, kannst du die Stunden gerne an den anderen vier Tagen nachholen oder möchtest du Samstag arbeiten?“ Ich war ein wenig verwirrt und fragte ihn nur wie er darauf kommen würde. Da erklärte er mir, ich müsse doch 39 Stunden die Woche arbeiten und am Feiertag hat das Café ja zu, also muss ich die Stunden natürlich nachholen. Das meinte er komplett ernst. Ich habe ihm dann versucht zu erläutern, dass er mir als Vollzeitkraft freigeben muss, wenn der Feiertag nun mal in die Woche fällt und ich die Stunden auch nicht nachholen muss. Da musste er direkt seinen Anwalt anrufen und nachfragen… Ratet wer Recht hatte und einen schönen freien Tag verbringen durfte? 
Dann fragte ich nach einem Tag frei, da ich zum Strand fahren wollte. Er überlegte darüber zwei Tage und meinte dann, ich könnte frei haben und er würde mir dann einfach weniger Lohn zahlen, dann bräuchte ich die Stunden nicht nacharbeiten. Aaaaaaaaaah! Schon wieder. Da erklärte ich ihm dann erstmal, dass man als Vollzeitkraft weniger Lohn bekommt, damit aber auch Rechte eingeräumt bekommt, wie zum Beispiel Urlaub. Er rief seinen Anwalt wieder an und tadaaaa ich hatte einen Tag frei. 
Nun kündigte ich ja und habe ihm extra 6 Wochen Zeit gegeben, sich jemanden Neues zu suchen. Allerdings bedeutet das nicht, dass ich deshalb auf meine angesammelten Urlaubtage verzichten möchte. Was sich auch wieder als Diskussionswürdig heraus stellte…. Aber diskutieren kann ich ja. Er willigte schließlich ein meine Wochenarbeitszeit zu kürzen, wenn er mir schon keinen gesamten Tag freigeben kann (aus Grund von Personalmangel). Damit konnte ich leben. Was mich dann allerdings wieder zum Erstaunen gebracht hat, war seine Aussage, dass er mir wohl trotzdem mein volles Gehalt zahlen würde. Ich sagte nur, dass das auch mein volles Recht ist und ich das verdiene und das es keinesfalls „gönnerhaftes Handeln von ihm sei“. Glaub nicht, dass er das verstanden hat. Aber nun ja, spielt ja auch keine Rolle mehr, solange ich das Geld bekomme.
Dann an einem Freitag, war ich krank. Ich war zwar im Café und arbeite die ersten 4 Stunden, musste dann aber krank nach Hause. Ich fühlte mich einfach furchtbar und Mark schickte mich, nachdem er mich gesehen hatte, schlichtweg nach Hause. Ich fragte noch, ob er eine Krankschreibung brauchen würde und er verneinte. Eigentlich hätte ich da schon misstrauisch sein müssen, es klang doch zu einfach… Und wie sich später herausstellte, hat er mir den Tag einfach als Urlaubstag abgeschrieben… Natürlich hatten wir darüber auch wieder ein Gespräch.
Dann sucht Mark ständig nach neuem Personal und wir bekommen all diese „Trainees“, die wirklich kein Wort Englisch verstehen und nur fünf Worte sprechen können. Was ziemlich unpraktisch ist, besonders, wenn ich sie einlernen soll… Mein chinesisch ist nämlich immer noch nicht der Knaller. Ich wunderte mich wieso nur Chinesen sich bewarben und Mark betonte mehrmals, er suche wirklich alle willigen Arbeitskräfte, ungeachtet der Herkunft. Ich fand dann allerdings heraus, dass Mark seine Jobanzeigen lediglich auf dem lokalen chinesischen Netzwerk hier postet… Was ein Wunder, dass sich niemand anders meldet.
Langsam komme ich allerdings auch dahinter, wieso er seine Landsleute als Angestellte bevorzugt: Sie arbeiten für ein Hungerlohn, fast ohne Pausen und satte 12 Stunden am Stück, ohne sich auch nur einmal zu beschweren. Zudem nehmen sie, anders als die anstrengende Deutsche da, keinerlei Rechte war und machen einfach mal alles mit. Ich bin fast umgefallen, als die Lieben mir schließlich gebeichtet haben, was sie per Stunde bekommen. Dafür würde ich nicht da stehen. Zudem gibt es hier eigentlich einen Mindestlohn an den man sich halten sollte… Aber nun ja. Ich habe ihnen geraten das nicht mitzumachen, mehr kann ich nicht tun. Trotzdem schockierend was sich manche Menschen so bieten lassen.

Ich jedenfalls werde versuchen aus jedem einzelnen Tag dort das Beste zu machen. Und ich liebe meine Kollegen. Die sind einfach fantastisch. Wir planen noch einmal auszugehen, bevor ich Australien verlasse. Aber nur unter einer Bedingung: Kein Fachchinesisch!

Chinesisch? Wir verstehen nur Bahnhof?
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